KIRCHENRECHT UND KRIMIS

Inge Gampl, viele Jahre Kirchenrechts-Kapazität an der juridischen Fakultät in Wien, über ihre liebste Freizeit-Beschäftigung: Das schreiben von Kriminalromanen.
(1998)

Inge Gampl, Generationen von Wiener Jusstudenten als Kirchenrechts-Kapazität ein Begriff, ist heilfroh. "Keine Sekunde" habe sie es bereut, der Universität und dem Staatskirchenrecht "vor der Zeit" den Rücken gekehrt zu haben. Mit 64 Jahren ging sie 1993 in Pension.

Die gewonnene Zeit widmete sie mit derselben ehrgeizigen Zielstrebigkeit, mit der sie ihre Universitätskarriere betrieben hatte, dem Schreiben. Nun wird wieder eine Gamplsche Komödie uraufgeführt. Auf "Rache ist süß", im Jahr 1992 von Topsy Küppers an der Freien Bühne Wieden aus der Taufe gehoben, folgt jetzt "Nichts für ungut". Es handelt sich um ein, mit ebenfalls aus Gamplscher Feder stammenden Songs gewürztes, Zwei-Schauspielerstück mit zehn Rollen. Das Ganze ist als boulevardeske Komödie konzipiert, denn Gampl will, so sagt sie, "unterhalten, Spannung bringen".

Malende Phase

Der Hang zum Schreiben, jahrzehntelang in juristischen Publikationen ausgelebt, kann jetzt in literarischen Gefilden Wurzeln fassen. Daß der Humus für künstlerische Kreativität gegeben ist, dürfte auch erblich bedingt sein. Immerhin ist Inge Gampl die Nichte des legendären Künstlerehepaares Curt Goetz und Valerie von Martens. Eine malende Phase, von der noch zahlreiche Bilder im Arbeitszimmer Zeugnis ablegen, ist längst abgeschlossen. Nun beherrscht das Schreiben den Arbeitstag der ehemaligen Professorin. Nach dem Ö 1-"Morgenjournal" beginnt sie die Arbeit am Computer, das "Mittagsjournal" im Radio läutet dann eine verdiente Pause ein, und nachmittags wird wieder geschrieben. Stört es sie, wenn man ihre beiden Karrieren, die wissenschaftliche und die künstlerische, mit der Tatsache in Verbindung bringt, daß sie eine Frau ist? "Das wird oft dazu gesagt: sie war die erste Dekanin in Wien", sagt Gampl.

Die Autorin gibt freilich zu, daß die Tatsache, daß sie Kirchenrechtsprofessorin war, ihr jetzt bei ihrer zweiten Karriere hilfreich ist.

Das Kuriosum, daß hier eine Frau die Dekanskette auswechselt, um Bühnenstaub zu riechen, läßt sich gut nützen. Sich als Kirchenrechtlerin heute in so manche Mediendiskussion einzumischen und vom juristischen Standpunkt aus Dinge klarzustellen, dazu verspürt Inge Gampl aber keinerlei Ambitionen. Ihren privaten Standpunkt zu kirchenpolitischen Fragen behält sie bei sich, denn Gampl hat keine "missionarische Ader".

Ausflug in die Musik

Was Gampl will, wenn sie sich heute an den Schreibtisch setzt, ist: spannende Unterhaltung produzieren. Unter Zuhilfenahme eines Musik-Computer hat sie sich jetzt ("ich hab mir das Programm selbst beigebracht") nach dem Ausflug in die bildende Kunst und der Dauer-Liaison mit der Literatur auch die Musik erobert.

Eine CD mit Titel "Liebe?" mit Gampl-Texten und Melodien (gesungen von Dany Sigel) erscheint im Sommer. Die Texte der Chansons verraten hinter der damenhaft-introvertiert wirkenden Frau Professor durchaus doppelbödig-Hintergründiges. Da ist mit einem Schuß Zynismus titelgemäß von "Liebe?" die Rede, aber auch von Konsumgelüsten und von der Sehnsucht, Masken abzulegen. Titel wie "Ich wär' so gerne ordinär" und "Ich möcht so gern ein Trampel sein" hätten ihre Studenten just Frau Professor am wenigsten zugetraut. Live zu erleben ist die Metamorphose der Inge Gampl am 13. Juni bei den Sommerspielen in Wolfsthal an der Donau bei Hainburg (Endstation Schnellbahn S7). Die Uraufführung von "Nichts für ungut! oder aus zwei mach zwölf" beginnt um 19.30 Uhr in der Villa Pannonica. Die Intendanz dieser Kulturinitiative liegt übrigens in den Händen der Juristin Helene Schmidt-Levar.