WORAN GLAUBT, WER GLAUBT?

Die Präsentation des Buches im Dezember 1999 führte nächst St. Stephan in Wien einige große Persönlichkeiten zusammen: Unter Günther Ziesels Moderation diskutierten Michael Heltau, Superintendentin Gertraud Knoll, Propst Ulrich Küchl und der Jung-Priester Stephan Turnovzky mit dem ehemaligen "Presse"-Herausgeber Otto Schulmeister.

(Ankündigung in der "Presse" vom 10. Dezember 1999)

ANKÜNDIGUNG DER VERANSTALTUNG

Günther Ziesel moderiert aus Anlaß einer Buchpräsentation heute, Freitag, eine Podiumsdiskussion zum Thema: Wie medientauglich ist die Kirche?

"Woran glaubt, wer glaubt?" ist der Titel eines Buches, das jüngst im Zsolnay-Verlag erschienen ist. Autorin Michaela Schlögl hat darin sechzehn Interviews mit Priestern, vom Landpfarrer bis zum Hochschultheologen Philipp Harnoncourt und den Bischöfen Krenn und Küng, aber auch mit gläubigen Laien wie dem Dirigenten Franz Welser-Möst und dem Architekten Gustav Peichl geführt.

Dabei werden aktuelle Zeitfragen - nicht immer mit der Lehre konform - beantwortet. "Kirche ist generell nicht medientauglich", meint in dem Buch beispielsweise der Schauspieler Michael Heltau. Der Doyen des Wiener Burgtheaters wird aus Anlaß der Buchpräsentation heute, Freitag, an der Seite der Autorin, der Superintendentin Gertraud Knoll und der Priester Ulrich Küchl und Stephan Turnovzky sowie des Ex-"Presse"-Chefredakteurs Otto Schulmeister an einer von Günther Ziesel moderierten Podiumsdiskussion teilnehmen.

Im Stephanisaal, 1010 Wien, Stephansplatz 3, versucht man dabei Antworten auf verschiedene Fragen zu finden: Ist die Botschaft 2000 Jahre nach Christi Geburt noch über die herkömmlichen Kanäle, durch die Erziehung oder von der Kanzel aus, zu vermitteln? Welche Rolle spielen die modernen Massenmedien für die Verkündigung oder die Erneuerung der Kirche?


BERICHT VON DER BUCH-PRÄSENTATION
("Die Presse", 13. Dezember 1999)

"Ich glaube daran, daß Gott mich liebt, daß er alle Menschen liebt, und daß das erfahrbar ist", lautet das persönliche Credo von Kaplan Stephan Turnovszky. Er ist einer von 16 Priestern, Theologen und Künstlern, mit denen Michaela Schlögl für ihr Buch "Woran glaubt, wer glaubt?" über Gott und die Welt geredet hat. Das Buch wurde Freitag abend in Wien präsentiert. Es sei kein theologisches Buch, betonte die Autorin. Sie wollte "einfach die Betroffenen, die Gläubigen zu Wort kommen lassen".

"Glaube ist für mich das Intimste, das mir eigen ist, aber auch Bewegung zur Öffentlichkeit hin", sagte die burgenländische evangelische Superintendentin Gertraud Knoll. Und weiter: "Glaube heißt nicht, alles zu glauben, was einem Institutionen vorsetzen." Das Glaubensbekenntnis von Ulrich Küchl, Propst des niederösterreichischen Stiftes Eisgarn: "Es kann keinen Atheismus geben. Wir Menschen können nicht anders, als uns nach unserem Schöpfer zu sehnen. Zweifel können mich nicht erschüttern." Darauf meinte der Schauspieler Michael Heltau: "Mich auch nicht", und klopfte auf Holz: "Aber der Aberglaube ist schon da."

Heltau kritisierte "die Repräsentanten der Kirche, die sich wie Schmierenkomödianten benehmen, die Kamerageilen, die sich immer zu Wort melden und damit der Kirche sicher keinen Dienst erweisen". Die gegenwärtige Diskussion in der Kirche sei oberflächlich, so der Tenor der Diskussion. Die Medien, die immer nach Sensationen und Streit gierten, würden das Ihre dazu beitragen. Vor allem das Fernsehen sei ein zweischneidiges Schwert, so Knoll: "Ich kann das Fernsehen benützen, oder aber es benützt mich." Während ihres Präsidentschaftswahlkampfes 1998 habe sie erkennen müssen, wie einen das Fernsehen "verzerren" könne. Turnovszky sieht im Medium Fernsehen aber auch eine Chance, zur Glaubensvermittlung: "Menschen im Altersheim haben sonst oft keine Möglichkeit, an einem Wortgottesdienst teilzunehmen."

Für Otto Schulmeister, ehemaliger Chefredakteur der "Presse", muß Glaube anders vermittelt werden: "Ich frage: Was haben wir unseren Kindern weitergegeben? Waren wir Zeugen unseres Glaubens und auch unserer Irrtümer?"