In erotischer Angst-Lust

In der Schweiz wird es ab Mitte Februar um den Zeichner Füssli gehen. Aufreizende Frauen und abgründige Traumwelten - die begegnen einem derzeit auf Füsslis Gemälden in Paris, wo 60 Werke aus öffentlichen und privaten Sammlungen des in der Schweiz geborener Engländers (1741 - 1825) präsentiert werden. Ab seinen Fünfzigern lebte Füssli in England: In London nannte man ihn Henry Fuseli, "The Wild Swiss".
Imaginäres mischte er für seine Sujets mit literarischen Anleihen, die Füssli in biblischen Stoffen, in der Nibelungen Sage, bei Dante, aber auch bei Shakespeare, fand. Seine Shakespeare-Sujets wurden sogar als Plakate verwendet. Im Revolultionsjahr 1789 stellte Füssli in der neu gegründeten Shakespeare Gallery in London aus.

Da ihm der Vater das Zeichnen schon früh verboten hatte, schuf Füssli in der Nacht, bei Kerzenlicht. Das mag seine späteren Sujet-Vorlieben beeinflußt haben.
Füsslis Vater hätte den Sohn, das Zweite von 18 Kindern, gerne als Pfarrer gesehen - zu diesem Zwecke schrieb sich der Fillius am Collegium Carolinum in Zürich ein.

Seine Kommilitonen waren Johann Kaspar Lavater und Bodmer. Der junge Füssli formulierte eine kecke Schrift gegen den korrupten Landvogt, worauf man ihm empfahl, die Eidgenossenschaft zu verlassen. Als Weltreisender lernte er Künstler und Philosophen kennen, unter denen er Jean Jacques Rousseau besonders schätzte. Auch in Italien versiegte seine Spott- und Rachsucht nicht. Er war beileibe nicht allen sympathisch in seiner Überheblichkeit.
Füssli malte nicht nur, er wirkte auch als Kunstschriftsteller.
Er verachtet viele und vieles, seine Bonmots verschonten nichts; Sein Blick ist ein Blitz, seine Rede ein Gewitter, sein Spott der Tod, seine Rachsucht die Hölle, charaktarisierte man ihn und Kollege Lavater fügte hinzu: "Aus der Nähe ist er unerträglich."

Der kecke "Maler der Nacht" starb 1825 und wurde in St. Paul's Cathedral in London beigesetzt.
Sein Werk legte Schienenstränge zu den Romantikern, zum Symbolismus - und zum Surrealismus.
Füsslis erotisierendes, psychologisierendes Oeuvre war fast der Vergessenheit anheimgefallen, erst in den 1920er Jahren hat ihn der Surrealismus wieder entdeckt.
Man fand wieder Gefallen an der subtil vermittelten Angst-Lust seiner Bilder und fein erotischen Zeichnungen.