Kunstjäger in Moskau

Es war keine rosige Zeit, das Ende der Breschnew-Ära. Fotos des realen Kommunismus illustrieren die Ödnis des russischen Alltags, allgegenwärtige Propagandawände, leere Geschäfte, verlassene Baustellen.

Wer Kunst sammelte, der tat das unter der Hand. Mehr als 70 Werke aus dem ersten Drittel des 20. Jahrhunderts, russische Avantgarde, zeigt die Schau. Die Kunstwerke entstammen einer spannenden Kunstepoche, als aus Jugenstil und Belle Epoque sich die speziell russische Avantgarde entwickelte. Für diese Kunstrichtung interessierte sich ein Grüppchen von Sammlern, die Bilder zusammentrug, die in ihrer Buntheit, Direktheit und Phantasie wenig mit der grauen Sowjetrealität zu tun hatte.

Die Moskauer Schau in dem Mitte der 2010er-Jahre vom Unternehmer und Kunstmäzen Boris Minz gegründete Museum - Minz selbst floh 2018 nach London, nachdem ein internationaler Haftbefehl auf ihn ausgeschrieben wurde - erzählt aber auch die Geschichten von 14 Sammlern aus Moskau und Leningrad. Sie jagten in der ausgehenden Sowjetzeit in Secondhandshops nach Kunstwerken, die man zum Teil auf Kommission erstehen konnte. Die modernen Bilder hingen dann oft Leiste an Leiste in den Sowjetwohnungen, die in den speziellen Vierteln für Ärzte oder Wissenschaftler errichten worden waren.

Sämtliche Werke sind noch heute in Privatbesitz.

Die geheimen Sammler waren illustre Persönlichkeiten, wie der Urologe Aram Abramjan, der Politiker, wie Stalin und später Breschnew behandelte und dank dieser Beziehungen sogar einen Teil der ihm geraubten Bilder zurückbekam.



Zeichnungen waren für ein paar Rubel zu haben, der Preis eines Ölbildes konnte so hoch sein wie die Summe für zwei Flaschen Wodka; es gab aber auch auch Werke um tausende Rubel.



Kurzbiografien und Strichzeichnungsabbildungen geben einen Eindruck von de Sammlern, allesamt Intellektuelle, Kaufleute, Ärzte, die nicht in Kunst investierten, sondern in ihren Wohnungen eine Gegenwelt zur grauen Gefahrenwelt draußen schufen.