Paula Modersohn Becker

Schirn Frankfurt (bis 6. Februar 2022)
Paula Modersohn-Becker bricht 1900, 24-jährig auf: Von Bremen aus reist sie - in der Neujahrsnacht und alleine - nach Paris. Die Stadt wird zum zweiten künstlerischen Fixpunkt ihres kurzen Lebens. Der erste: Das kleine Bauerndorf Worpswede bei Bremen. Sie flieht von dort nach da - und umgekehrt.
In Paris saugt sie die Impulse der Kunst des Fin de Siècle auf, besucht Anatomie- und Aktkurse, streift durch Museen und Galerien, und mietet schließlich selbst ein Atelier.
Im Sommer 1900 lädt Paula die Worpsweder Künstler-Kollegen in die Seine-Stadt ein. Derjenige, der ihr am nächsten steht, Otto Modersohn, muß sofort wieder heim: Seine Frau ist gestorben.

Die besondere Freundschaft zwischen Paula und Otto datiert aus Worpswede.
Modersohn ist von Paula fasziniert. Er schätzt ihre Kunst - und ihre schlichte, uneitle Herangehensweise an etwas ganz Neues. Der Impressionismus ist überwunden, Paula malt "modern", quasi als Vorläuferin des Expressionismus.
Die junge Frau ist in einer bürgerlich-kunstsinnigen Familie aufgewachsen. Ihren Künstlernamen muss sie sich erst „er-malen“. Sie wird nicht mehr erleben, berühmt zu werden.
Doch sie arbeitet sehr gerne nur für sich. Eigenwillig und selbstbestimmt, findet sie in ihrem Künstlerfreund und späteren Ehemann Otto Modersohn den inspirierenden Malerkollegen, Berater und sanften Instruktor.

1895 schreibt Paula an ihre Bruder über eine Ausstellung in der Bremer Kunsthalle „...sonst interessiert mich noch riesig ein Modersohn, der hat die verschiedenen Stimmungen der Heide so schön geschildert, sein Wasser ist so durchsichtig und die Farben so eigenartig...“.
Doch nachdem Paula den Witwer 1901 geheiratet hat, entsteht kein lückenloses Familienidyll.
In Worpswede lebt das Ehepaar einen reglementierten Wochenplan, erst am Sonntag nachmittags werden die Kunstwerke der vergangenen Tage begutachtet.
Modersohn vertraut seinem Tagebuch an, in der Kunst verstünde man einander, aber „im Leben nie“... Immer wieder malen die beiden gemeinsam an einem Motiv, teilen die Vorliebe für französische Malerei und die Ablehnung jeder Oberflächlichkeit.
Paula entwickelt eine reduzierte Bildsprache, malt weiterhin ihre Einsamkeit, ihr trotziges "Ich bin ich".  Der Kunstmarkt ist ihr nicht wichtig. Die Bezeichnung von ihresgleichen als „Malweiber“ durch die Zeitgenossen stört sie nicht.
Sie will nichts als malen - vor, genauso wie während ihrer problematischen Ehe. Otto Modersohn: „Nach kurzer Trennung hatten wir uns wiedergefunden. Sie nannte mich im letzten Sommer oft ihren getreuen Eckart, der ihr über eine schwere Zeit hinweggeholfen“.
Just anläßlich ihres sechsten Hochzeitstages malt sie sich nackt und schwanger. Sie war damals nicht in Erwartung eines Kindes - sie wollte darauf hinweisen, dass sie „ideenschwanger“ war.
Ihre echte Schwangerschaft und die Geburt ihrer Tochter Mathilde überlebt sie nur kurz. Paula Modersohn Becker stirbt mit 31 Jahren an einer Embolie.
Den frühen Tod hat sie vorausgeahnt: „Ich weiß, ich werde nicht sehr lange leben. Aber ist denn das traurig? Ist ein Fest schöner wenn es länger ist -?“