Inge Gampl, Generationen von Wiener Jusstudenten als
Kirchenrechts-Kapazität ein Begriff, ist heilfroh. "Keine Sekunde" habe
sie es bereut, der Universität und dem Staatskirchenrecht "vor der Zeit"
den Rücken gekehrt zu haben. Mit 64 Jahren ging sie 1993 in Pension.
Die gewonnene Zeit widmete sie mit derselben ehrgeizigen
Zielstrebigkeit, mit der sie ihre Universitätskarriere betrieben hatte,
dem Schreiben. Nun wird wieder eine Gamplsche Komödie uraufgeführt. Auf
"Rache ist süß", im Jahr 1992 von Topsy Küppers an der Freien Bühne
Wieden aus der Taufe gehoben, folgt jetzt "Nichts für ungut". Es handelt
sich um ein, mit ebenfalls aus Gamplscher Feder stammenden Songs
gewürztes, Zwei-Schauspielerstück mit zehn Rollen. Das Ganze ist als
boulevardeske Komödie konzipiert, denn Gampl will, so sagt sie,
"unterhalten, Spannung bringen".
Malende Phase
Der Hang
zum Schreiben, jahrzehntelang in juristischen Publikationen ausgelebt,
kann jetzt in literarischen Gefilden Wurzeln fassen. Daß der Humus für
künstlerische Kreativität gegeben ist, dürfte auch erblich bedingt sein.
Immerhin ist Inge Gampl die Nichte des legendären Künstlerehepaares
Curt Goetz und Valerie von Martens. Eine malende Phase, von der noch
zahlreiche Bilder im Arbeitszimmer Zeugnis ablegen, ist längst
abgeschlossen. Nun beherrscht das Schreiben den Arbeitstag der
ehemaligen Professorin. Nach dem Ö 1-"Morgenjournal" beginnt sie die
Arbeit am Computer, das "Mittagsjournal" im Radio läutet dann eine
verdiente Pause ein, und nachmittags wird wieder geschrieben. Stört es
sie, wenn man ihre beiden Karrieren, die wissenschaftliche und die
künstlerische, mit der Tatsache in Verbindung bringt, daß sie eine Frau
ist? "Das wird oft dazu gesagt: sie war die erste Dekanin in Wien", sagt
Gampl.
Die Autorin gibt freilich zu, daß die Tatsache, daß
sie Kirchenrechtsprofessorin war, ihr jetzt bei ihrer zweiten Karriere
hilfreich ist.
Das Kuriosum, daß hier eine Frau die
Dekanskette auswechselt, um Bühnenstaub zu riechen, läßt sich gut
nützen. Sich als Kirchenrechtlerin heute in so manche Mediendiskussion
einzumischen und vom juristischen Standpunkt aus Dinge klarzustellen,
dazu verspürt Inge Gampl aber keinerlei Ambitionen. Ihren privaten
Standpunkt zu kirchenpolitischen Fragen behält sie bei sich, denn Gampl
hat keine "missionarische Ader".
Ausflug in die Musik
Was Gampl will, wenn sie sich heute an den Schreibtisch setzt, ist:
spannende Unterhaltung produzieren. Unter Zuhilfenahme eines
Musik-Computer hat sie sich jetzt ("ich hab mir das Programm selbst
beigebracht") nach dem Ausflug in die bildende Kunst und der
Dauer-Liaison mit der Literatur auch die Musik erobert.
Eine
CD mit Titel "Liebe?" mit Gampl-Texten und Melodien (gesungen von Dany
Sigel) erscheint im Sommer. Die Texte der Chansons verraten hinter der
damenhaft-introvertiert wirkenden Frau Professor durchaus
doppelbödig-Hintergründiges. Da ist mit einem Schuß Zynismus titelgemäß
von "Liebe?" die Rede, aber auch von Konsumgelüsten und von der
Sehnsucht, Masken abzulegen. Titel wie "Ich wär' so gerne ordinär" und
"Ich möcht so gern ein Trampel sein" hätten ihre Studenten just Frau
Professor am wenigsten zugetraut. Live zu erleben ist die Metamorphose
der Inge Gampl am 13. Juni bei den Sommerspielen in Wolfsthal an der
Donau bei Hainburg (Endstation Schnellbahn S7). Die Uraufführung von
"Nichts für ungut! oder aus zwei mach zwölf" beginnt um 19.30 Uhr in der
Villa Pannonica. Die Intendanz dieser Kulturinitiative liegt übrigens
in den Händen der Juristin Helene Schmidt-Levar.